Klage gegen den Zensus

Magistrat empfiehlt gerichtliches Vorgehen

Die Stadt Langen will gerichtlich gegen den Zensus vorgehen. Der Magistrat empfiehlt eine Klage gegen den Bescheid des Hessischen Statistischen Landesamtes. Zur Wahrung der Fristen wurde diese bereits vorab beim Verwaltungsgericht Darmstadt eingereicht. Sollte die Stadtverordnetenversammlung dem Antrag des Magistrats folgen, wird die Klage aufrechterhalten, andernfalls kann diese zurückgenommen werden.

Langen würde sich bei einer Klage in Gesellschaft zahlreicher anderer hessischer Städte wie Kassel, Gießen, Fulda oder Hanau befinden. Der Grund, gegen den Zensus vorzugehen, ist bei allen gleich: Die jeweiligen Einwohnerzahlen, die das Hessische Statistische Landesamt im Rahmen des bundesweiten Zensus festgestellt hat, liegen deutlich unter den Daten der amtlichen Melderegister. Den Kommunen entgeht dadurch viel Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich. Im Langener Fall geht es um rund 3,7 Millionen Euro im Jahr.

Das Landesamt hatte mit Stichtag 15. Mai 2022 eine Einwohnerzahl von 37.169 festgelegt. Laut Langener Melderegister waren es zum Stichtag 30. Juni 2022 (die Berechnung erfolgt immer vierteljährlich) aber 1.812 Einwohner mehr, nämlich 38.981. Das ist eine Abweichung von 4,7 Prozent. Die Stadt Langen hatte in einem ersten Schritt Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt, der aber zurückgewiesen wurde.

„Diese Abweichungen sind für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Bürgermeister Jan Werner. „Das Hessische Statistische Landesamt hat im Widerspruchsbescheid selbst erklärt, dass die angestrebte Genauigkeit nicht erreicht worden sei.“ Auffällig ist in den Augen des Magistrats insbesondere der Umgang mit Personen, die bei den Stichproben mehrfach nicht an der Meldestelle angetroffen wurden. Sie wurden offenbar generell als nicht existent eingestuft. „Dieses Vorgehen ist in einer Pendlerstadt wie Langen, in der viele Personen tagsüber in Großstädten wie Darmstadt oder Frankfurt arbeiten, problematisch“, erklärt Erster Stadtrat Stefan Löbig. Auch hätten während der Corona-Pandemie viele Menschen aus Angst vor Ansteckung ihre Türen für Fremde nicht geöffnet. „Dies alles führt zu Verfälschungen der statistisch auf Grundlage der Stichproben vom Landesamt hochgerechneten Einwohnerzahlen“, resümiert Jan Werner.

„Dazu kommt: Bei den Erhebungen kam es insbesondere in der Anfangszeit zu erheblichen Problemen mit der Software, sodass die Richtigkeit der Erfassungen insgesamt angezweifelt wird“, sagt der Bürgermeister. Aufgrund fehlender tiefergehender Akteneinsicht ist es für die Stadt nicht möglich nachzuvollziehen, ob und wie sichergestellt wurde, dass sich die genannten statistischen Risikofaktoren bei der Stadt Langen nicht kumulieren. Nicht nachvollziehbar ist auch, ob und wie der besonderen Situation in Langen (Pendlerstadt, Coronazeit, Flüchtlinge) Rechnung getragen wurde.

„Angesichts der vorläufig prognostizierten finanziellen Einbußen von etwa 3,7 Millionen Euro pro Jahr erscheint uns eine gerichtliche Überprüfung angezeigt“, betont Jan Werner. Darüber soll der Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstag, 4. September, beraten. Endgültig darüber abgestimmt wird am Donnerstag, 18. September, in der Stadtverordnetenversammlung.

Zurück zum Anfang der Seite springen