Stetige Entwicklung auf der oberen Bahnstraße
Das Stadtexperiment hat schon viele Verbesserungen gebracht
Das Erscheinungsbild der oberen Bahnstraße hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten erheblich verändert. Dazu beigetragen hat zum einen das Stadtexperiment zur Attraktivitätssteigerung der Einkaufsmeile, zum anderen sind zwei der drei Großbaustellen abgebaut. Somit können sich die Besucherinnen und Besucher der Innenstadt einen deutlich besseren Eindruck von der oberen Bahnstraße als Einbahnstraße mit erhöhter Aufenthaltsqualität machen.
Besonders deutlich wird das vor dem neuen Rewe-Lebensmittelmarkt gegenüber der Einmündung Zimmerstraße, der kürzlich eröffnete. Davor ist eine attraktive Außenfläche entstanden, die gastronomisch genutzt und von der Bevölkerung auch gut angenommen wird. „Dort zeigt sich sehr gut, wie ein Miteinander aller Nutzergruppen aussehen kann“, findet Joachim Kolbe, als städtischer Fachbereichsleiter unter anderem für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung zuständig. Wobei er betont: „Sollte sich die Politik nach Abschluss des Stadtexperiments für eine Rückkehr zum Begegnungsverkehr in der oberen Bahnstraße entscheiden, kann die Fläche schnell wieder in eine Fahrbahn zurückverwandelt werden. Die große Kunst war, hier etwas zu schaffen, was problemlos zurückgebaut werden kann, ohne dass ein nur provisorischer Charakter entsteht. Und das ist sehr gut gelungen.“
Nachdem die Baustellen dort und an der ehemaligen Post verschwunden sind, hat sich auch die Verkehrssituation weiter entspannt. Radfahrer dürfen jetzt wieder zwischen der Großbaustelle nahe dem Lutherplatz und der Zimmerstraße auch gegen die Einbahnstraße fahren. Nur im unmittelbaren Baustellenbereich ist das noch untersagt; dort ist die verbliebene Fahrbahn zu eng. „Dass die Bahnstraße sehr häufig mit dem Rad besucht wird, zeigt sich auch an den Fahrradständern, die immer sehr gut genutzt werden“, sagt Joachim Kolbe.
Nachdem die Flachsbachstraße nun wieder befahrbar ist, finden Autofahrer leichter einen Parkplatz nahe der Einkaufsstraße. Denn der Jahnplatz ist jetzt deutlich einfacher erreichbar. Von dort sind es nur wenige Meter zu den Geschäften. Neue Abstellplätze sind zudem im Parkhaus unter dem Lebensmittelmarkt entstanden. Dessen Kunden parken dort für eine Stunde kostenlos, für alle anderen wird eine zeitlich gestaffelte Gebühr fällig.
Mehr Pflanzen, mehr Farbe in der Bahnstraße: Mit dem Stadtexperiment soll auch die Optik der Straße verschönert werden. Zusätzliche Bäume und Pflanzkübel sind einerseits gut fürs Innenstadtklima und erfreuen andererseits das Auge des Betrachters. Da einige Kübel aus Stahl nach dem Gießen rostiges Wasser abgeben, erläutert Joachim Kolbe noch einmal die Hintergründe: „Es handelt sich um Kübel aus hochwertigem Cortenstahl. Dieser ist bei Künstlern hoch geschätzt und wurde beispielsweise für die Luther-Skulptur auf dem Lutherplatz benutzt. Dieser Stahl bildet im Laufe der Zeit eine samtige Rostschicht aus.“ Da die Pflanzkübel einen Ablauf gegen Staunässe benötigen, kann es zu rostfarbenen Auswaschungen kommen. Diese können aber von den Pflastersteinen entfernt werden, was in Kürze geschehen soll.
Künstlerisch sind auch die Street Banner, die Renate Kletzka geschaffen hat und die seit Kurzem an Laternenmasten hängen. Entstanden sind die Motive in der Pandemie, als der Lebensradius der Menschen plötzlich klein geworden war. „Alle künstlerischen Projekte für diese Zeit waren abgesagt“, berichtet die Langener Künstlerin. „Die Zeit hatte plötzlich einen langsameren Takt und mein Garten wurde zum Aktions- und Schutzraum. Ich hatte schon immer mal damit geliebäugelt, meine Leidenschaft für den Garten in meiner Malerei zu spiegeln. Es entstanden Bilder, die näher an der Natur und der Realität sind als meine Arbeiten zuvor.“
Diese Kunstwerke fanden nicht nur Eingang in zwei Broschüren, einige dienten auch als Vorlagen für sogenannte Street Banner. Insgesamt 14 dieser Fahnen sorgen nun für mehr Farbe in der Oberen Bahnstraße.
„Sinn und Zweck des Stadtexperiments ist es, auszuprobieren und zu zeigen, was möglich ist“, betont Joachim Kolbe. „Und das ist uns bislang auch sehr gut gelungen. Dass einiges für Diskussionen sorgt, war uns von vorneherein bewusst. Aber genau deshalb ist ja alles veränderlich. Am Ende des Prozesses wird das Stadtparlament zum Jahreswechsel 2023/24 aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse die Zukunft der oberen Bahnstraße diskutieren und entscheiden.“
Wichtig ist der Stadt die Meinung der Bevölkerung. Und das nicht nur bei der Internet-Befragung, die am Ende des vom Land Hessen im Rahmen des Programms „Zukunft Innenstadt“ mit 250.000 Euro unterstützten Stadtexperiments stattfindet. Auf der städtischen Internetseite gibt es im Bereich Wirtschaft neben vielen Informationen auch die Möglichkeit, direkt eine Rückmeldung zu geben. Zudem wurden vis-à-vis dem neuen Lebensmittelmarkt Schaufenster mit Infos zum Stadtexperiment gestaltet. Mittels eines QR-Codes kommt man mit dem Smartphone direkt zur Seite mit der Kommentar-Funktion. „Lob, Kritik, eigene Ideen, alles ist willkommen und hilft uns beim weiteren Experimentieren“, sagt Joachim Kolbe.